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  • AutorenbildAndrea Allihn

Mehr Sein als Schein

Aber bitte beides!

Ich hatte neulich einen interessanten und bereichernden Austausch über das Thema „Ego“. Und seitdem frage ich mich, warum es mich bis heute immer noch so beschäftigt und zum Nachdenken bringt?

Eines erkenne ich sofort. Diese Frage stellt mein Ego und ich möchte ihm gerne auf die Spur kommen.

Das Ego ist ein Anteil von mir, welches viel (nach-)denkt, wertet, vergleicht, trennt, erwartet und manchmal sich auch über andere erhebt. Manchmal kämpft, kritisiert, konkurriert es gerne ( in Unternehmen nennt man das den K-Modus) und ringt um Erfolge. Dafür braucht es im Rampenlicht der beruflichen wie auch privaten Bühne einen Konterpart, einen Gegenspieler(in). Aber mein schlaues Ego erkennt gleich, dass es damit bedürftig ist, denn wenn das Gegenüber wegfällt, dann läuft all sein Bemühen um Anerkennung ins Leere. Und dann kommt Angst auf. Angst (etwas) zu verlieren. Dies erzeugt Stress und der ist ja bekanntlich ziemlich ungesund.


Wichtige erste Erkenntnis: Ich manövriere mich mit meinem Ego in eine Abhängigkeit.

Wenn die Scheinwerfer der Ego-Bühne erlöschen und die Mitspieler den Ort des Applaudierens verlassen haben wie jetzt in diesen Coronazeiten, also all das verschwunden ist, von dem ich glaubte, dass ich es dringend brauche, dann ist da nichts mehr, nur mehr Stille .

Ach herrje! Ein gewisses Unbehagen stellt sich ein.

Und nun?

Jetzt bin ich zurückgeworfen auf mich SELBST und weiß doch gar nicht wer das ist, dieses Selbst, was es möchte und wo es jetzt hin soll? Es ist, so glaube ich, nichts und niemand mehr da, mit dem ich, besser gesagt mein Ego, in Resonanz gehen kann. Der narzisstische Anteil meiner Identität ist seiner Projektionsfläche beraubt worden.


Goethe kommt mir in den Sinn:

„ Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“.


So muss es jetzt auch vielen in der Corona-Quarantäne gehen.

Wir wollen in den Scheinwerfer unserer Ego- Bühne zurück. Dort können wir wieder sowohl unser persönliches ICH, welches sich über unsere eigene Geschichte, unsere Erfahrungen und unser Denken definiert, als auch unser kollektives ICH (Eckart Tolle) als Mitglied eines Staates, einer Partei, eines Vereins oder anderer Institutionen, ausleben. Wesentlich daran ist, dass wir in diesem Zustand völlig unbewusst sind. Unser Focus ist ausschließlich nach außen gerichtet und wir sind nur SCHEINbar wir selbst, denn wir definieren uns über eine Rolle, die wir in diesen Settings übernommen haben.

Wichtige zweite Erkenntnis:

Dieses Ego braucht beständig „Nahrung“ von außen, um sich voll entfalten zu können und es wird zur Quelle der Unzufriedenheit, weil wir häufig aus ihm unseren leistungsgeprägten Selbstwert festlegen.

Aber können wirklich Kreativität, Ideenreichtum und am Ende ein erfülltes Leben entstehen, wenn wir nur auf das Außen fokussiert sind oder braucht es dafür noch etwas anderes?

Für mich wird schnell klar, dass ich nur in der Stille ganz ich selbst sein kann. Und es wird Zeit, mich mit meinem Selbst anzufreunden – mit seinen Ängsten und Zweifeln, seiner Hilflosigkeit und dem Hang zur Selbstoptimierung. Aber für meine gute Stimmung tue ich auch gut daran, mich meiner Stärken, wertvollen Erfahrungen aus der Vergangenheit und erlernten Lösungsstrategien zu besinnen. Dieser Fokus bestärkt meine Resilienz, sprich, meine psychische Widerstandskraft. Und davon brauchen wir alle jetzt gaaaanz viel!


Zu Beginn fühlt es sich unangenehm an. Irgendetwas fehlt! Mein Verstand, dieser kleine Saboteur, möchte sofort auf die Bühne des Scheins zurück und damit ablenken vom Wesentlichen.

Verbleibe ich aber in der Gegenwärtigkeit des Moments und nehme BEWUSST wahr, was gerade ist, ohne zu werten, zu interpretieren, zu analysieren und gelingt es mir – das ist ganz wichtig! - den Widerstand aufzugeben, komme ich und mein Kopfkino zur Ruhe. Ich erlebe ein völlig unangestrengtes Sein.

In diese Stille hinein taucht die Frage auf, was mir selbst WIRKLICH wichtig ist. Jetzt ist Zeit darüber zu räsonieren. Nach welchem Wertekanon möchte ich mein Leben führen? Werte sind wie Leitplanken auf dem eigenen Lebensweg. Sie geben Orientierung und Sicherheit. Wenn ich mir über meine Werte bewusst bin, kann ich dafür in die Selbstverantwortung gehen. Jetzt verstehe ich auch, warum dieses unangenehmes Gefühl da ist. Es ist in einer Wertekollission begründet. ( Ich habe in meinem letzten Blog darüber geschrieben @Sicherheit)

Und siehe da, wie aus dem Nichts kommen mit einer erstaunlichen Leichtigkeit kreative Ideen und Lösungen. Es hat diese Stille gebraucht, damit ich Zugang zu der Weisheit meines Unterbewusstseins bekommen habe. Und es ist ja unglaublich, was dort alles versteckt ist!

Wichtige dritte Erkenntnis:

Für ein zufriedenes, gesundes und glückliches Leben braucht es immer wieder den spielerischen ausbalancierten Wechsel zwischen der Stille des BEWUSSTEM SEINs mit sich Selbst und dem, meist unbewusstem, egozentrierten (Re)Agierens innerhalb eines Systems

( Beruf, Familie, Verein etc.).

Das Resumee meines Erkenntnisprozesses ist, dass beides da sein darf – das SEIN wie das SCHEINEN . Dies lässt mich mit großer Gelassenheit in die kommende Zeit blicken. Ich sollte es mir nur in jedem Moment des Tages bewusst machen, wann ich in dem Einem oder dem Anderen unterwegs sein möchte! Und dann ist alles gut.

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